SITUATIONSBEWUSSTSEIN IM BUSINESS.
Bessere Entscheidungen mit dem „ACE-Factor“.
Situationsbewusstsein, in der Fliegerei „Situational Awareness“ genannt, ist die bewusste und stets wache Beurteilung der aktuellen Lage sowie die Einschätzung von möglichen Veränderungen und deren Einfluss auf die jeweilige Mission. Sich während eines Fluges zu jedem Zeitpunkt seiner Situation zu 100 Prozent bewusst zu sein ist für Kampfpiloten überlebenswichtig. Kampfpiloten überprüfen daher permanent den Zustand ihres Kampfjets, ihre Position im Raum (Fluglage und Kurs) und ihr externes Umfeld (Wetterbedingungen, Bedrohungslage).
Besonders existenziell ist Situationsbewusstsein im Luftkampf, dem sogenannten „Dogfight“, der Kampf von Kampfjet gegen Kampfjet, Pilot gegen Pilot. Derjenige, der am schnellsten eine Situation erfasst und Veränderungen im Flugverhalten des Gegners antizipiert ist in der Lage offensiv zu agieren. Derjenige, der über ein langsameres oder eingeschränktes Situationsbewusstsein verfügt, wird hingegen nur defensiv reagieren können und ist in der denkbar schlechtesten Position. Alle Fliegerasse zeichneten sich nicht unbedingt durch überlegene fliegerische Fähigkeiten aus. Eins einte sie aber alle: Sie besaßen ein überlegendes Situationsbewusstsein, sie hatten den „ACE-Factor“.
Das gleiche gilt für Manager oder ganze Unternehmen. Die Manager, die zu jedem Zeitpunkt über Situationsbewusstsein verfügen und mögliche Veränderungen bewusst und aufmerksam wahrnehmen und einschätzen können, werden offensiv agieren, dem Markt oder Wettbewerb „immer einen Schritt voraus sein“. Übertragen bedeutet dies die permanente, tagtägliche Überprüfung:
- „Des Flugzeuges“ – Ihres Verantwortungsbereiches oder Unternehmens: Laufen alle Prozesse reibungslos? Wie sieht es bei den Kunden und Lieferanten aus? Ist die Mannschaft, die „Boden-Crew“ vollständig einsatzfähig?
- „Der Position im Raum“ – wie sieht es im „Luftraum aus, wie ist die Marktlage? Was zeigen die Instrumente, die KPIs, an?
- „Des situativen Umfeldes“ – wie sind die „Wetterbedingungen“, die konjunkturelle Lage? Schönwetterflug, leichte Turbulenzen oder zeichnet sich bereits ein ernster konjunktureller Sturm am Horizont ab? Gibt es neue Trends, Innovationen oder Produkte am Markt? Wie ist die Wettbewerbssituation, meine „Bedrohungslage“?
Stellt sich die Frage: Wie kann ein Manager Situationsbewusstsein im Alltagsgeschäft permanent und tagtäglich erzielen?
1. Machen Sie Ihren täglichen „Walkaround“.
Sprechen Sie jeden Tag 10 bis 20 Minuten abwechselnd mit Ihren Mitarbeitern, denn sie wissen exakt, wie die augenblickliche Situation ist. Wie es bei und um die Kunden und Lieferanten steht, wo es gerade im Projekt klemmt, usw. Verschanzen Sie sich nicht in Ihrem Büro, sondern gehen Sie informell an den Arbeitsplatz Ihrer Mitarbeiter. Hören Sie auf die leisen Zwischentöne, die von Ihrem Bild der Lage, „Ihrer Einschätzung der Realität“, abweichen. Damit haben Sie die Möglichkeit, frühzeitig sich evtl. anbahnende Probleme oder auch Opportunitäten zu registrieren und die richtigen Maßnahmen in die Wege zu leiten. Oftmals lassen sich auch sich abzeichnende Probleme auf „dem kleinen Dienstweg“ sofort im Gespräch lösen.
Verlegen Sie solche Gespräche nicht auf die standardisierten wöchentlichen oder monatlichen Einzel- oder Teamgespräche. Dort erhalten Sie eine Zustandsbeschreibung der Vergangenheit, die oftmals sogar geschönt ist (wer gibt sich schon eine Blöße in einer Team „Jour Fixe“?) oder werden mit Problemen konfrontiert, die sich bereits aufgeschaukelt haben.
2. Gehen Sie raus an die „Front“.
Reden Sie regelmäßig mit „Frontline-Mitarbeitern“, Konsumenten und Kunden. Vermeiden Sie die „Elfenbeinturmdenke“. Sprechen Sie regelmäßig mit Callcenter-Agents, fahren Sie mit Vertriebsmitarbeitern raus ins Feld und betreiben Sie „Mystery-Shopping“. Hören Sie zu, was Einkäufer, Verkäufer und Kunden zu Ihren Produkten und Dienstleistungen zu sagen haben, wie sie sie und Wettbewerbsprodukte einschätzen: Gibt es Beschwerde-Cluster, besondere Nachfragen oder Auffälligkeiten? Der manchmal so ausgelöste „Realitätsschock“ ist sehr heilsam, verhindert eine reine „Insight-Out-Realität“ und vermittelt Ihnen ein „Instant-Situationsbewusstsein“.
3. Nutzen Sie Social Media Monitoring, um täglich Ihr Umfeld im Auge zu behalten.
Nichts ist einfacher im Zeitalter des Internets, als Informationen zu allen Aspekten und aus jedem Blickwinkel in „Echtzeit“ zu erhalten. Um ein „Echtzeit-Informations-Cockpit“ oder „-Radar“ zu etablieren, bedarf es nicht unbedingt teurer Software. Es gibt genügend frei zugängliche, effiziente und mächtige Softwarelösungen. Diese Anwendungen geben Ihnen die neusten Informationen nach von Ihnen definierten Stichworten bzw. Suchanfragen. Sie legen fest, über was, wann und wie häufig Sie informiert werden wollen. Hier nur eine kleine und persönliche Auswahl: Google Alerts, Hootsuite oder z.B. Netvibes (mein persönlicher Favorit). Halten Sie sich damit über die neusten Entwicklungen auf dem Laufenden: Was und wie wird über Ihre Produkte oder Dienstleistungen gesprochen? Was wird über Wettbewerbsprodukte oder Wettbewerber gesagt? Was sind die neuen Trends oder die Marktentwicklung? 10 Minuten am Morgen und vor dem Feierabend reichen aus, um sich täglich einen Überblick über sein externes Umfeld zu verschaffen.
Mit diesen 3 einfachen Maßnahmen kann ein Manager sich jeden Tag ein waches und aktuelles Situationsbewusstsein verschaffen, sich abzeichnende Veränderungen wahrnehmen und wenn nötig frühzeitig agieren. Die Alternative ist natürlich bis zum nächsten Kundenzufriedenheits-Monitor oder dem nächsten Krisen-Meeting zu warten, wenn sich Probleme aufgeschaukelt haben oder Opportunitäten nur als „Fast-Follower“ wahrgenommen werden können. Dann agiert man aber nicht mehr, sondern reagiert nur noch – die schlechteste Position.
Jeder ist sein eigener Pilot – jeder Manager hat seinen „ACE-Factor“ selbst in der Hand.
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